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Das erste Mal beim Rennsteiglauf
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Bereits seit einigen Jahren, insbesondere nach dem zweiten Two Oceans Marathons in Kapstadt ( 56 km) sowie der erfolgreichen Teilnahme am Run 63 km im Rahmen des Köln-Marathons hatte ich die Idee im Kopf einen 100 Km Lauf absolvieren zu wollen und auf dem Weg dahin sollte eine Etappe der Supermarathon (72,7 km) beim Rennsteiglauf in Thüringen sein. Beim letzten Berlinmarathon und nach einigen Gesprächen mit Läufern die den Rennsteig bereits gemacht hatten, fiel im Herbst 2013 die Entscheidung für den Start beim Supermarathon im Rahmen des Rennsteiglaufes 2014.Mein Trainingsplan begann im Januar und war natürlich durch den milden Winter begünstig. Zunächst absolvierte ich meine Trainingsläufe abends im Dunkeln, teilweise auf dem Bürgersteig und Dank der heute sehr guten Stirnlampen auch teilweise im Wald. Auch im DFG habe ich so manche Runden gedreht. Das macht nicht wirklich Freude, aber für das anvisierte Ziel war es notwendig. Bei schlechtem Wetter habe ich auch einige Km auf dem Laufband absolviert, was noch viel weniger Spaß macht. Im Rahmen der Vorbereitung habe ich dann auch einige Läufe genutzt. So bin ich bei den beiden Saarbrücker Halbmarathons im Februar und März gestartet, wobei ich dabei jeweils einige Km vor und nach dem jeweiligen Halbmarathon zusätzlich absolvierte um KM zu bekommen. Beim HM im März kam ich dann so z.B. auf insgesamt 40 Km. Ein großer Teil des Trainings wurde auch Bergläufen gewidmet, da das Profil des Rennsteigs fast 1500 Höhenmeter aufzuweisen hat. Auch absolvierte ich 2 Marathons innerhalb von 4 Wochen und zwar beim Freiburgmarathon, bei über 20 Grad in 3:39 h und vier Wochen später beim St. Wendel Marathon immerhin in 3:29 h. Nur vier Tage nach dem St. Wendel Marathon bin ich dann bei dem Bärenfelslauf über 55 Km im Hunsrück an den Start gegangen, durchaus mit dem Gedanken tatsächlich nicht die ganze Strecke zu laufen. Der Bärenfelslauf wird von der Familie Feller organisiert und zeichnet sich durch ein sehr anspruchsvolles Profil aus, womit ich dann die Belastung des Bergauflaufens beim Rennsteig simulieren wollte. Tatsächlich bin ich dann nach 3 Runden und knapp 42 km ausgestiegen. Grund hierfür war neben der Ermüdung nach dem St. Wendel Marathon, der heftige Regen der am 1. Mai nieder ging, denn der Trail wurde schon sehr rutschig und ich hatte ein wenig Angst mich zu verletzen. Ich war dennoch zufrieden und hatte für mich den Beleg dass ich für den Rennsteig gut vorbereitet sein sollte. in den verbleibenden zwei Wochen bis zum Lauf wurden nun die Umfänge deutlich reduziert. Insgesamt bin ich in der Vorbereitung fast 1400 KM gelaufen.
Am Donnerstag den 16.Mai erfolgte dann die Anreise in den Thüringer Wald. Unser Hotel war in Suhl, was nicht weit weg vom Ziel in Schmiedefeld liegt. Am Abend gab es dann noch eine Nudelparty. Allerdings hieß es auch früh zu Bett zu gehen.
Der Start für den „langen Kanten“ ist schon um 6 Uhr. Für die 72,7 Km liegt das Zeitlimit bei 12 Stunden. Um 18 Uhr ist also Zielschluss. Das sollte machbar sein. Ich habe ordentlich Respekt vor dem Lauf. Immerhin sind 1450 Höhenmeter zu bewältigen. Da der Start wie bereits erwähnt schon um 6 Uhr angesetzt war, wurden wir bereits um 3 Uhr in der Früh am Hotel mit organisierten Bussen abgeholt, was wiederum bedeutete um 1:45 Uhr aufzustehen.
Um 5 Uhr in Eisenach angekommen hieß es für mich zunächst ins Rennbüro zu gehen, um mir einen Leihchip zu besorgen, da ich meinen eigenen Chip zu Hause vergessen hatte. Nach der Ummeldung hatte ich noch genügend Zeit nochmals die Örtlichkeiten aufzusuchen und noch einen warmen Tee zu trinken, denn es war mit 6 Grad recht kühl.
Ich kann es kaum erwarten. Das Rennsteiglied wird gespielt und endlich fällt der Startschuss. Es geht hinaus aus dem Zentrum von Eisenach. Das beeindruckende Läuferfeld füllt die Straßen. Durch ein Tor verlassen wir den inneren Bereich der Stadt und machen uns auf zum Rennsteig, dem legendären Höhenweg, der über den Kamm des Thüringer Waldes und des angrenzenden Thüringer Schiefergebirges bis in den nördlichen Frankenwald führt.
Die ersten Höhenmeter lassen nicht lange auf sich warten. Noch in Eisenach beginnt der Aufstieg in breiten Serpentinen. Ich denke an den soeben an einer Hauswand gelesen Spruch: "Keiner hat gesagt, es wird leicht. ... Aber Ihr schafft das!!" Erst mal hier rauf und in den Rhythmus kommen, denke ich mir. Das Läuferfeld ist zwar schon weit auseinandergezogen, man läuft aber immer noch dicht beisammen. Im Wald angekommen, gibt es ob der Massen einen Ministau vor einer Wegverengung. Aber rasch geht es weiter. Und einmal richtig Luft holen und durchatmen, kann ja auch nicht schaden. Es bleibt noch eine Weile eng im Feld. Die Wege sind gut zu laufen. Pfützen hat es kaum und es geht schön voran, immer leicht ansteigend.
Bei Km 6,9 ist der Waldsportplatz erreicht. Es gibt Getränke und Obst. Wenig später treffen wir an der Hohen Sonne bei Km 7,4 auf den Höhenweg der dem Lauf seinen Namen gab. Von hier an sind wir auf dem Rennsteig unterwegs. Von den Höhen haben wir leider keinen Ausblick auf die Landschaft. Wir sind zumeist im Wald und es ist trüb. Gottlob ist es trocken. Regen wird uns heute erspart bleiben. Der Tageszeit entsprechend ist es noch frisch. Zum Laufen gerade richtig. Immer wieder sehen wir links und rechts am Weg das charakteristische R für Rennsteig. Zudem bieten viele markante Wegweiser Hinweise. Die Dimension des heutigen Supermarathons von 72,7 Km wird mir durch einen solchen Wegweiser noch einmal deutlich vor Augen geführt. 17,6 Km bis zum Großen Inselsberg. Der ist im Lauf bei 25,5. Hier haben wir erst ein Drittel der Strecke absolviert!
Bange machen ist nicht. In Ascherbrück bei 12,6 Km kommt die nächste Getränkestelle. Mir fällt ein freundlicher Zuschauer mit einem Spruchband um den Körper auf. "Distanz ist, was Dein Kopf daraus macht". Recht hat er. Zuschauer hat der Lauf wenige. Von denen werden wir jedoch begeistert angefeuert. Bei einer Straßenquerung spenden sogar die absichernden Polizisten heftig Beifall. Das nenne ich Bürgerservice.
Sagenhaft ist die Verpflegung beim Rennsteig. Und die erste Vollverpflegung liegt gerade vor uns. Glasbachwiese, Km 17,9. Die Hinweisschilder machen Appetit. Neben Getränken und Obst gibt es auch den legendären Schleim. Auf ihn bin besonders gespannt. Probieren ist Pflicht, denke ich und greife zu. Neben Obst und Kuchen werden auch Schmalzbrote gereicht. Zum Trinken gibt es Wasser, Tee und Cola.
Frisch gestärkt kann der Rest des Laufes getrost kommen. Ein schöner wurzeliger Waldweg nimmt uns auf, eine Straße wird gequert. Es bleibt abwechslungsreich. Km 20 wird passiert. Am Dreiherrensteig auf dem Großen Weißenberg haben wir schon eine Höhe von 740m erreicht und eine weitere Getränkestation wartet auf uns. Es geht weiter aufwärts. Leider wird jetzt die Sicht immer schlechter. Wir sind in den Wolken. Das Schild "Wartburgblick 0,1 Km" lasse ich daher unbeachtet. Bei gutem Aussichtswetter hätte ich mir den Abstecher zum Ausblick sicher gegönnt. Da taucht Km-Schild 25 im Nebel auf. Der Große Inselsberg liegt unmittelbar vor uns. Die Türme sind mehr zu erahnen, weniger zu sehen. Den Bogen mit den Zeitmessmatten kann man gerade noch erkennen.
Egal, es geht weiter. Der Nebel tut der Stimmung keinen Abgrund. Im Gegenteil, irgendwie passt das zu diesem urigen Lauf. Eine Treppe führt uns auf einen steilen geteerten Weg abwärts. Dieses Stück ist unangenehm zu laufen ob seiner Steilheit.
Wir laufen auf die Ebertswiese zu. Ein Hinweisschild verkündet: "Die Hälfte ist geschafft!" Ein weiteres Schild preist die Verpflegung an. Ich lese Heidelbeersuppe, Wiener Wurst. Es ist unglaublich. Dazu kommt noch die Sonne raus. Sie verschwindet zwar gelegentlich wieder hinter Wolken, gibt uns aber immer mehr die Ehre. Rennsteigläufer, was willst Du mehr?
Vorbei geht es an der Alte Ausspanne, Km-Schild 40 wird passiert. Kurz drauf folgt mit der Neue Ausspanne die nächste Getränkestelle. Es geht mir noch immer gut. Dies liegt sicherlich an dem doch sehr vorsichtig gewählten Tempo. Dennoch spüre ich im oberen Rückenbereich Verspannungen und die Beinmuskulatur ist auch nicht so, wie sie beim Start noch war. Es folgt ein wunderschöner Abschnitt über die Höhen des Thüringer Waldes. Die Sonne zeigt sich, das KM 50-Schild kommt etwas zu spät, wie erfahrene Rennsteigläufer bemerken. Kurz danach können beim Gustav-Freytag Stein nochmals Getränke nachgetankt werden. Ein Warnschild: "Gefahrenpunkt. Stop. Trainingsstrecke" weist uns auf das nahe Wintersportzentrum Oberhof hin. Dann ist die VS Grenzadler nicht mehr weit. Hier bestünde die Möglichkeit mit Zeitnahem auszusteigen. Aber das kommt natürlich nicht in Frage, denn ich will mir das Finisher T-shirt redlich verdienen und es sind ja "nur" noch 17 Km bis ins Ziel und wie oft bin ich in meinem Leben schon 17 Km gelaufen. Das sollte nun zu schaffen sein.
Nach einer kurzen Pause am Grenzadler geht es weiter auf die letzten 17 KM. Ich habe mich etwas erholen können, Km-Schild 55 kommt direkt nach dem Grenzadler. Voll motiviert laufe ich weiter. Gut, dass ich heute "nur" den Supermarathon laufe und nicht den kompletten Rennsteig mit seinen 170 Km. Über eine Brücke überqueren wir eine Straße und es geht hinauf in den Wald. So langsam spüre ich nun auch eine gewisse Ermüdung in den Beinen. Wie sagt man, Ultras werden vom Kopf her gelaufen. Ich lenke mich ab, indem ich mich auf die nächste VS konzentriere. An der Getränkestelle Sommerwiese verzichte ich allerdings auf das angebotene Bier.
Bevor ich mich an der nächsten VS laben kann, ist der höchste Punkt der Strecke zu erklimmen. Der Große Beerberg mit 974m Höhe. Von nun an geht‘s hinab. O.k., kleinere Gegensteigungen ausgenommen. Sogar Schnee hat es hier oben. Wurde aber extra hergeschaufelt. Noch einmal die Straße queren, für ein Foto lächeln und da liegt sie auch schon vor uns - die Schmücke. Essen mag ich nichts mehr und so laufe ich direkt weiter, unter der großen Deutschlandfahne des emsigen Fahnenschwenkers und über die Straße hinein in den Wald. Ein schöner Wurzelpfad nimmt uns auf und auf einer breiten Waldautobahn geht es weiter. Wir verlieren ordentlich Höhenmeter. Die Getränkestelle Kreuzwege wird passiert und endlich, endlich wird Schmiedefeld unten im Tal sichtbar. Wir queren einen Skihang und arbeiten uns im folgenden Wald weiter nach unten. Km 70. Jetzt ist das Ziel greifbar nahe und ich bin mir sicher dass ich heute finishen werde, ein sehr gutes Gefühl. Die Sogwirkung ist schon spürbar. Schmiedefeld wird erreicht. Jeder klatscht den Supermarathonis Beifall. Ein tolles Gefühl. Bin ich froh, endlich den Zielbogen zu sehen. Links und rechts stehen die Zuschauer und feuern die Läufer begeistert an. Im Ziel warten auch schon Maria und Sabine, die die 17 Km Nordic-Walking-Strecke gemacht haben, auf mich. Ich genieße die letzten Meter und habe nach 8:06 Std. fertig. Ich bin glücklich, endlich diesen Lauf absolviert zu haben und ganz sicher es war nicht das letzte Mal. Beim nächsten Mal ist allerdings die Latte etwas höher gelegt, denn dann wird es mir sicher nicht reichen "nur " anzukommen. Ich denke dass ich meine Zeit sicherlich um 30 Minuten verbessern kann. Aber dass ist alles nicht gegen die unglaubliche Siegerzeit. 4:50 h ( Schnitt 4:00 /Km) für 72,6 Km, wäre ja schon gut genug, aber das Profil fordert sicherlich auch bei den Topläufern einen gewissen Tribut. Zunächst wird noch etwas getrunken. Maria und Sabine besorgen schon meinen Kleiderbeutel. Stolz wird das schöne, hartverdiente Finishershirt übergestreift. Nun ist der weiße Fleck auf meiner Läuferkarte getilgt. Im Übrigen gab es noch einen prominenten Mitstarter. Axel Teichmann, der bei der Olympiade in Sotchi noch als Skilangläufer an den Start ging, hat nun nach dem Ende seiner Karriere auch die Zeit an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Ich habe Ihn allerdings nur kurz beim Start gesehen, den er ist in 6:30 bereits am Ziel gewesen.
Fazit
Zu Recht als einer der schönsten Landschaftsläufe bezeichnet. Erstklassige Organisation, geniale Verpflegung und schöne Strecke. Kein technisch anspruchsvoller Trail, aber ein Landschaftslauf vom Allerfeinsten. Der Rennsteiglauf wurde nicht umsonst als beliebtester Marathon 2013 ausgezeichnet. Erstaunlich ist auch die Stimmung am Abend im Festzelt bei der Afterrun Party. Zugegeben ist Volksmusik nicht mein Geschmack, was sich aber in dem Festzelt abspielt ist unglaublich. Ganz viele der Finisher des Supermarathon ( die sind halt gut an den Finisher T-Shirts zu erkennen ) stehen auf den Bänken und tanzen
Ich werde nächstes Jahr wieder an den Start gehen um dann vielleicht 4 Wochen später Bei den Bieler Lauftagen, den 100er in Angriff zu nehmen